Stadt Augsburg wegen Überstundenregelung in der Kritik – OB Weber nimmt Merkle in Schutz

Nach der Kritik an Baureferent Gerd Merkle reagiert nun die Stadt Augsburg mit einer Stellungnahme. (Foto: mjt)
Nach der Kritik an Baureferent Gerd Merkle reagiert nun die Stadt Augsburg mit einer Stellungnahme. (Foto: mjt)
Nach der Kritik an Baureferent Gerd Merkle reagiert nun die Stadt Augsburg mit einer Stellungnahme. (Foto: mjt)
Nach der Kritik an Baureferent Gerd Merkle reagiert nun die Stadt Augsburg mit einer Stellungnahme. (Foto: mjt)
Nach der Kritik an Baureferent Gerd Merkle reagiert nun die Stadt Augsburg mit einer Stellungnahme. (Foto: mjt)

Der Augsburger Baureferent Gerd Merkle (CSU) will in knapp einem Jahr in den Ruhestand gehen. Dass der 63-Jährige zuvor fordert, 200.000 Euro für frühere Überstunden ausbezahlt zu bekommen, hat zu einer öffentlichen Debatte geführt.

Die über 4500 Überstunden, um die es geht, stammen aus der Zeit zwischen 1994 und 2008, als Merkle bei der Stadt in leitender Position in der Bauverwaltung beschäftigt war. Dass es überhaupt erst möglich war, derart viele Überstunden zu sammeln, liegt an einer Dienstvereinbarung der Stadt Augsburg, die es ihren Mitarbeitern ermöglicht, auf Langzeitkonten ihre Mehrarbeit zu horten. Kritik kommt vor allem von der Stadtratsfraktion „Bürgerliche Mitte” aus Freien Wählern, FDP und Pro Augsburg. Merkle scheine „jegliches Fingerspitzengefühl zu fehlen”, in Krisenzeiten als gut verdienende Führungskraft bis zu 20 Jahre alte Überstunden kompensieren lassen zu wollen, sagte der Augsburger FDP-Vorsitzende Ralf Neugschwender. Es brauche eine Kündigung der entsprechenden städtischen Dienstvereinbarung.

Auch die Augsburger Linke übte Kritik. Merkles Forderung sei „abgehoben und völlig enthemmt”, betonte Bezirks- und Stadtrat Frederik Hintermayr von den Linken. Seiner Ansicht nach sei es dennoch „wichtig und richtig, dass Beschäftigte der Stadt Augsburg für ihre geleisteten Überstunden angemessen entschädigt werden.”

Der „nachdrücklichen Forderung” nach personeller Verstärkung konnte die Stadt nicht nachkommen

Die Stadt selbst reagierte am Montagabend mit einer Stellungnahme. Als Koordinator baufachlicher Aufgaben und Bauprojektmanager im Baureferat im Zeitraum von 1994 bis 2008 sei Merkle von den damaligen Oberbürgermeistern Peter Menacher (CSU) und Paul Wengert (SPD) mit zahlreichen Sonderprojekten betraut gewesen. Dazu zählten etwa der Neubau der Papierfabrik Haindl beziehungsweise UPM, der Neubau von MT Aerospace sowie von Premium Aerotec und der des Landesamtes für Umwelt. Auch das Projektmanagement und die bauliche Entwicklung von Konversionsflächen der ehemaligen US-Kasernen im Prinz-Karl-Viertel, auf dem Reese- und dem Sheridan-Areal seien Teil seiner Aufgaben gewesen. „Der nachdrücklichen Forderung Merkles nach personeller Verstärkung konnte die Stadt angesichts der damaligen Haushaltslage nicht nachkommen”, schreibt die Stadt in ihrer Stellungnahme.

Den Ausgangspunkt für den Anspruch zur vollständigen Dokumentation und des Erhalts der damals angefallenen Überstunden bilde eine Dienstvereinbarung aus dem Jahr 2004, die zwischen dem damaligen OB Paul Wengert und dem damaligen Gesamtpersonalrat der Stadt Augsburg auf den Weg gebracht worden sei, so die Stadt weiter. „In der Regel nutzen betroffene Mitarbeitende die angesammelten und dokumentierten Überzeiten der Zeitkonten, um früher in Ruhestand zu gehen. In Form der bezahlten Freistellung ist dies im Fall von Gerd Merkle nicht mehr möglich.” Daher sollen seine Überstunden, so wie es „in der Vergangenheit in anderen Fällen auch schon praktiziert wurde”, ausbezahlt werden.

Öffentliche Diskussion „auch ein Schlag ins Gesicht” von Verwaltungsmitarbeitern

„Ich kann verstehen, dass in der öffentlichen Diskussion die Auszahlung von Überstunden eines Referenten und speziell im Rückgriff auf die Jahre 1994 bis 2008 befremdlich anmutet”, räumt Oberbürgermeisterin Eva Weber in der Stellungnahme ein. Bevor der Sachverhalt aus einer nichtöffentlichen Sitzung des Personalausschusses bekannt wurde, sei deshalb bereits die Regierung von Schwaben als Rechtsaufsichtsbehörde zum Vorgehen befragt und um Klärung gebeten worden. Die Dokumentation der Überstunden erfolgte jedoch laut Weber aufgrund der städtischen Dienstvereinbarung ordnungsgemäß. Dass diese Diskussion nun öffentlich geführt wird, sei irritierend und „für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung auch ein Schlag ins Gesicht”.

Die Stadt Augsburg stehe damals wie heute vor außerordentlichen Herausforderungen. „Auch im Hinblick auf die Bewältigung der Pandemie und der Auswirkungen des Ukrainekrieges geht eine Vielzahl der städtischen Beschäftigten weit über die Grenzen der Belastbarkeit hinaus. Anders wären die Aufgaben nicht zu bewältigen”, so Weber. „Die Bereitschaft der Beschäftigten, diesen Herausforderungen auch mit außerordentlichem Einsatz zu begegnen, darf nicht in Form einer solchen Debatte bestraft werden.”

Fall zeigt die Folgen, wenn zu wenig Personal eingesetzt wird

Laut dem Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats der Stadt Augsburg, Thomas Wünsch, haben Gespräche zwischen der Stadtspitze und dem Gesamtpersonalrat „hinsichtlich einer neuen Dienstvereinbarung und einem Zeitwirtschaftsmanagement” begonnen. Der aktuelle Fall zeige die Folgen, wenn zu wenig Personal eingesetzt werde. (jaf)


Von Janina Funk

Redakteurin Augsburg-Redaktion

north